Montag, 31. Januar 2011

Internet und Poltik: Wir stehen immernoch am Anfang

Mit dem heutigen Tag geht das Seminar “EPARTICIPATION, EGOVERMENT, EVOTING: ENTWICKLUNG DES VERHÄLTNISSES VON BÜRGERSCHAFT, POLITIK UND VERWALTUNG IM DIGITALEN ZEITALTER” an der Uni Hamburg (Insititut für politsche Wissenschaft) zu Ende.

Im Rahmen dieses Seminars wurden eine Reihe von Trends und Themen, wie zum Beispiel Open Data oder Netzneutrlität (alle Themen sind im Seminarplan nachzulesen), aus dem Spannungsfeld Internet und Politik erarbeitet und diskutiert. Dem Themenfeld entsprechend sind die, von den Studierenden erstellten, inhaltlichen Zusammenfassungen dieser Diskusionen sind in diesem Weblog nachzulesen.

Ein Fazit des Seminars aus meiner Sicht als Lehrender ist, dass die wissenschaftliche Behandlung von Themen aus dem Spannungsfeld Internet und Politik versuchen muss sich ebenso schnell wie das Themenfeld selbst weiter zu entwickeln. Klar ist das die Digitalisierung der politischen Sphäre weiter voranschreitet und immer neue Potentiale und Herausforderungen für Bürger, Politik und Wissenschaft mit sich bringt.

Abschließend möchte ich noch allen Teilnehmern des Seminars für Ihre Mitarbeit danken und freue mich darauf gegebenfalls dieses Thema auch erneut an der Uni zu behandeln - den abgeschlossen ist es bei weitem nicht!

Samstag, 29. Januar 2011

Zusammenfassung des Referats "Öffentliche Meinungsbildung 1 - Wahl-o-Mat und öffentlich-rechtliche Sender im Netz"



Wahl-o-Mat
von Alexander L. und Sarah S.

Um die Rolle des Wahl-O-Mat respektive die des öffentlichen Rundfunks in Deutschland zu verstehen, muss man sich über die Rolle der Öffentlichkeit bewusst werden. Ob ein Wahl-O-Mat, ein Spielfilm im Zdf, eine Nachrichtensendung - alle diese Formate und noch wesentlich mehr Akteure, Programme, Sendungen bilden in ihrer Gänze die Öffentlichkeit ab. Aus diesem Produkt verschiedenster Akteure bildet sich auch die Öffentliche Meinung. Öffentlichkeit – vor allem aus politikwissenschaftlicher Sicht – schafft in einem permanent laufenden Verfahren auch Legitimation für demokratische Herrschaft.

Darüber hinaus gibt uns Öffentlichkeit Orientierung, grundsätzlich ist es uns wesentlicher leichter gemacht, das Ganze zu überblicken. Totale Transparenz kann es kaum geben, und Übersicht wird in Zeiten der modernen Medienformen zum Teil immer leichter, aber auch schwerer.

Kommen wir zum Wahl-O-Mat zurück. Ob im Spiegel- oder Diskursmodell – ausgehend von diesen Kommunikationsdesigns lässt sich durch die Beteiligungsform Wahl-O-Mat eine Richtung, eine grundlegende Veränderungen in zahlreichen Beziehungen feststellen: klassische Medien verlieren an Einfluss, zugunsten der aktiven Bevölkerung, die mit dem Wahl-O-Mat die „vermachtete Arena“ der Medien aufbricht. Dies trifft, schaut man sich die Arten der Öffentlichkeit an, vor allem auf die aktive und passive Öffentlichkeit zu, denn Menschen die kein Interesse an Politik und damit auch nicht am Wahl-O-Mat haben, stützen eher die klassischen medientheoretischen Kommunikationspfade.

Der Wahl-O-Mat ist ein Internet-Tool welches im Jahr 2002 im Vorfeld der Bundestagswahlen zum ersten Mal in Deutschland für die User zur Verfügung gestellt wurde. Man hat dort die Möglichkeit Stellung zu verschieden Thesen zu nehmen, um anschließend seine eigene Meinung mit den teilnehmenden Parteien zu vergleichen. Ziel des Wahl-O-Mats ist es daher einen Beitrag zur Meinungsbildung zu leisten im Vorfeld einer Wahl.

Vorbild des deutschen Wahl-O-Mat ist der "StemWijzer" des Instituut voor Publiek en Politiek (IPP) in den Niederlanden. Der StemWijzer hat sich dort zu einer festen Größe während der Vorwahlöffentlichkeit etabliert. Ursprünglich wurde er in Papierform erfunden, anschließend war er mit Hilfe eine Diskette spielbar und schlussendlich seit 1998 ist er als Online-Tool abrufbar.

Den deutschen Wahl-O-Mat entwickelte die Politikfabrik („Studentische Agentur für politische Kommunikation“) in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Seit dem ist bpb Träger des Wahl-O-Mats.

Der Wahl-O-Mat stellt seinen Nutzer/-innen zwischen 30 und 40 Thesen aus verschiedenen Themenfeldern vor. Zu denen kann sich mit "stimme zu", "neutral" und "stimme nicht zu" positioniert werden. Am Ende können die Thesen, die einem besonders wichtig sind gewichtet werden. Danach können bis zu 8 Parteien ausgewählt werden mit denen verglichen werden soll. Die Auswertung folgt einem einfachen Prinzip, indem für jede Abweichung zwischen User und Partei Punkte vergeben werden. Für die Differenz zwischen „stimme zu“ und „stimme nicht zu“ werden 2 Punkte vergeben, bei der Antwortmöglichkeit „neutral“ wird 1 Punkt vergeben. Bei einer Übereinstimmung wird kein Punkt vergeben. Durch die Gewichtung der Thesen verdoppeln sich die Punkte. Es besteht daher die größte Übereinstimmung bei der Partei, die am wenigsten Punkte hat.

Die Herausforderung des Wahl-O-Mats ist es die teilweise komplexen politischen Inhalte zu komprimieren, sodass sie reduzierbar sind auf einzelne Thesen. Ein Problem stellt dabei auch die jeweilige Positionierung der Parteien dar. Es ist nicht immer eindeutig, ob diese Positionierung auch der wirklichen Meinung entspricht. Zu manchen Thesen besteht vielleicht auch gar keine gemeinsame Linie innerhalb einer Partei, vor allen Dingen, wenn es Themen sind, die nicht den Themenschwerpunkt einer Partei bilden. Problematisch erweißt sich außerdem der Umgang mit rechtsextremen Parteien. Die bpb muss allen Parteien die zur Wahl zu gelassen sind, die Möglichkeit geben an dem Wahl-O-Mat teilzunehmen und daher auch die NPD mit aufnehmen. Aufgrund dessen entschied sich die Landeszentrale in Sachsen-Anhalt gegen die Freischaltung des Wahl-O-Mats in diesem Jahr.

Nachdem wir nun die Historie, Prinzip und Hintergründe über den Wahl-O-Mat erfahren haben, soll die Bedeutung dieses Instruments erklärt werden – in unserem Fall am Beispiel des Wahl-O-Mat zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2010.

Die von uns ausgewerteten Daten, die von der Universität Düsseldorf erhoben und ausgewertet worden sind, lassen nicht nur direkte Schlüsse auf diese Landtagswahl zu, sondern ähneln prinzipiell auch Erhebungen anderer Wahl. Grundsätzlichen fällt das Geschlecht der Nutzer auf – 65,9 Prozent der Wahl-O-Mat-Nutzer waren Männer, nur 34,1 Prozent waren Frauen. Im Vergleich zu den Menschen, die das Internet ganz allgemein nutzen – auch hier haben Männer mit 53,7 Prozent einen Vorsprung – verschärft sich die Situation noch einmal. Deutlich mehr Männer als Frauen machen vom Wahl-O-Mat gebrauch. Das ist nicht das einzig Auffällige, denn die Nutzer sind in der Regel auch recht jung: So nutzen 26,7 Prozent der 20 bis 29-Jährigen den Wahl-O-Mat – die stärkste Nutzergruppe. Insgesamt machen junge Leute bis 29 Jahren 34,9 Prozent der Gesamtnutzer aus. Ab der Altersgruppe 40 bis 49 Jahre fallen die Nutzerwerte stark ab. Senioren nutzen den Wahl-O-Mat kaum, lediglich 8,5 Prozent machen die über 60-Jährigen an der Nutzerschaft aus.

Neben Alter und Geschlecht lassen sich weitere eindeutige Tendenzen in der Wahl-O-Mat-Forschung entdecken: Die Nutzer sind zu 81,4 Prozent hoch gebildet, haben einen Universitätsabschluss, das Abitur oder Fachhochschulreife. Ein Vergleich mit dem Bildungsniveau der Internetnutzer – hier macht diese Bildungsgruppe nur 34,1 Prozent aus – zeigt eine deutliche Verzerrung.

Die Nutzer des Wahl-O-Mats sind also jung, hoch gebildet und männlich – und er trifft erstaunlich gut, die politische Position der Wähler. 23,9 Prozent der Nutzer, die vorher politisch klar festgelegt waren, finden ihre Meinung nach der Nutzung bestätigt, 67,3 Prozent finden das der Test ihre Meinung zumindest ungefähr getroffen hat.

Aus diesen Daten lässt sich auf die Repräsentativität in Bezug zur Gesamtbevölkerung klare Schlüsse ziehen: Der Wahl-O-Mat trifft lediglich einen Teil der Wählerschaft, der größte Teil der Wähler nutzt diese Beteilungsform also nicht, deshalb kann Einfluss auf grundlegende Theoriekonzepte, die wir zu Beginn in Frage gestellt haben, deutlich in Zweifel gezogen werden. Aber: Der Facettenreichtum in der politischen Kommunikation hat durch den Wahl-O-Mat an Farbe gewonnen.


Öffentlich-rechtliche Internetangebote – Wie viel E-Partizipation bieten sie tatsächlich?

von Jonas S.

Bei der Diskussion um Partizipationsmöglichkeiten im Internet spielen die Internetangebote von ARD und ZDF eine wesentliche Rolle. Sie sind heute fester Bestandteil des deutschen Internets und wurden in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk stellt deshalb im Internet beim Thema E-Partizipation eine wichtige Instanz dar, weil er mit seinen Inhalten den politischen Meinungsbildungsprozess maßgeblich mitgestaltet.

Tagesschau.de ist laut neuesten Zahlen des IVW-Dienstleisters Infoline die viertgrößte Nachrichtenwebseite Deutschlands nach Bild.de, Spiegel Online und Welt Online. Bereits im Jahr 2007 startete die tagesschau.de-Redaktion eine politische Mitmach-Aktion namens „Frage nach Berlin“. Die Nutzer konnten dabei selbst erstelle Videos hochladen, in denen sie eine Frage an einen Spitzenpolitiker richten konnten. Ausgewählte Beitrage wurden im ARD-Morgenmagazin ausgestrahlt und im Anschluss von den jeweiligen Politikern beantwortet. Seit längerer Zeit veranstaltet tagesschau.de darüber hinaus in Zusammenarbeit mit politik-digital.de einen Video-Chat. Hier können Nutzer über eine Chatmaske Fragen in Echtzeit stellen und sich von den anwesenden Politikern beantworten lassen. Unter dem Namen „Wahl im Web“ bietet auch das ZDF entsprechende Chats und Austauschmöglichkeiten an – allerdings nur zu Landstags- und Bundestagswahlen. „Wahl im Web“ ist ein eigenständiges Internetformat, das zusätzlich im ZDF-Infokanal ausgestrahlt wird. Zielgruppe sind hier vor allem Jugendliche und jüngere Leute.

Als Vorzeigeobjekt für E-Partizipation im Medienbereich galt lange das „Action Network“ der BBC. Bis zu seiner Einstellung im Jahr 2008 konnten Bürger über diese Plattform individuelle Kampagnen organisieren. Die Themen waren dabei breit gefächert – von Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Londoner Straßen bis hin zu Software-Patenten. Ein wesentlicher Vorteil für die Bürger war die Rückendeckung des Senders und damit die garantierte Öffentlichkeit. Unter Anleitung erfahrener Redakteure wurden die Nutzer bei ihren Anliegen unterstützt. Kritiker fürchteten jedoch, der Sender verliere durch das Unterstützen von verschiedensten Kampagnen seine unabhängige Rolle und Neutralität. Die BBC kündigte indes an, man arbeite an einem neuer Online-Plattform, die noch mehr Funktionen biete. Von deutscher Seite hat es übrigens bislang keine ähnlichen Vorhaben gegeben.

Neue Regeln für ARD und ZDF im Netz

Durch die Änderung des zwölften Rundfunkstaatsvertrags gelten im Internet neue Regeln für ARD und ZDF. Bis dahin war vor allem aus Sicht der privaten Medienhäuser nicht ausreichend geklärt, was die Sender im Internet in Zukunft dürfen und was nicht. Der Vorwurf: Die Angebote von ARD und ZDF seien wettbewerbsverzerrend, es war gar die Rede von einer “öffentlich-rechtlichen Zeitung“ im Internet. Nach den Vorgaben des neuen Rundfunkstaatsvertrags müssen Inhalte künftig einen Sendungsbezug aufweisen, es muss also eine Verknüpfung zum TV- oder Radioprogramm möglich sein. Zudem regelt ein sogenanntes Verweildauerkonzept, wie lange ein Beitrag in den Archiven der Senderseiten verbleiben darf. Für Text- Hörfunk- und Fernsehbeiträge gilt von nun an ein Verfallsdatum. So ist es in bestimmten Fällen beispielsweise den Sendern nicht mehr möglich, vollständige Dossiers anzubieten, da einige Inhalte nicht dem Aktualitätskriterium entsprechen und somit entfernt werden müssen. Tausende Artikel, Audios und Videos mussten bereits aus den Archiven von tagesschau.de, heute.de und den Landesrundfunkanstalten gelöscht werden. Dabei ist eine hitzige Diskussion zwischen Verlegern, Redakteuren der Öffentlich-Rechtlichen und Nutzern entfacht worden. Vor allem bei den eigentlichen Nutzern trifft die Maßnahme auf großes Unverständnis. Sie haben die Inhalte, die ihnen jetzt vorenthalten werden, bereits mit ihren GEZ-Gebühren finanziert. Die Linksammlung stellt verschiedene Standpunkte vor.

Link: „Was sollen die Öffentlich-Rechtlichen im Internet?“ - Zusammenstellung von Pro- und Contra-Argumenten zu den Online-Angeboten von ARD und ZDF
http://www.perlentaucher.de/artikel/4108.html 
Link: „Das Löschen von Internet-Archiven“ – Das NDR-Medienmagazin ZAPP über das „Depublizieren“
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/internet/depublizieren101.html
Link: „Wo Politiker in der ersten Reihe sitzen“ – Die Ökonomen Andrea Bayer und Hanno Beck kritisieren die Expansion der Öffentlich-Rechtlichen im Netz (FAZ.NET)
http://www.faz.net/s/RubB8DFB31915A443D98590B0D538FC0BEC/Doc~EF10804E91F4644A8BD60CBFB2CEC6D52~ATpl~Ecommon~Scontent.html