Freitag, 3. Dezember 2010

Zusammenfassung zum Referat: Transparenz II

Jaime Galvis, Johannes Güssefeld, Charlotte Carnehl, Lilian Krause, Marie-Christin Höhne

Abgeordnetenwatch.de – Weil Transparenz Vertrauen schafft
Unter dem Motto „Bürger Fragen – Politiker antworten“ entstand 2004 im Zuge des Volksentscheids über ein neues Wahlrecht für Hamburg die zunächst ehrenamtliche Initiative abgeordnetenwatch.de. Ziel war es, mit Hilfe einer Dialogmöglichkeit im Internet die Kluft zwischen Wählern und Gewählten zu überwinden. Alle 121 Bürgerschaftsabgeordneten waren mit den wichtigsten Angaben zu ihrer Person, einem Foto und einer Kontaktadresse aufgelistet.
Aufgrund des Erfolgs wurde die Plattform 2006 auf den Bundestag und 2008 auf das Europaparlament ausgeweitet. Auch Kommunalpolitiker von Bezirksversammlungen in sieben Bezirken können online befragt werden. Neben dem Abstimmungsverhalten und Informationen über die Nebentätigkeiten und –einkünfte der Bundestagsabgeordneten kann man auf abgeordnetenwatch.de vor allem eines tun: Fragen stellen.
Dabei ist abgeordnetenwatch.de als eingetragener Verein überparteilich und institutionell unabhängig. Der öffentliche Dialog soll gefördert und damit politische Entscheidungen transparent gemacht werden. Politiker sollen näher am Bürger und ihren Problemen und Bedürfnissen sein.
Praktisch funktioniert abgeordnetenwatch.de wie folgt: Jeder Abgeordnete oder Kandidierende verfügt über eine Profilseite. Die Fragesteller gibt seinen Namen und seine E-Mail Adresse an und stellt seine Frage. Ein Moderatorenteam überprüft die Frage anhand eines vom Kuratorium ausgearbeiteten Moderationskodexes und schaltet sie frei. Die Fragen und Antworten sind danach für jedermann öffentlich einsehbar. Die Fragen werden unmittelbar an den Abgeordneten weitergeleitet.
Dem Kuratorium, welches aus elf Mitgliedern besteht, gehören derzeit unter anderem Dr. Jürgen Kühling, zwölf Jahre Richter am Bundesverfassungsgericht, Prof. Dr. Hans J. Kleinsteuber, Professor für Politikwissenschaft und Journalistik an der Universität Hamburg, und Dr. Manfred Brandt, Mitglied im Hamburger Landesvorstand von Mehr Demokratie e.V., an. Der vom Kuratorium aufgestellte Moderationskodex verbietet vor allem die Freischaltung von Beiträgen, in denen rassistische, sexistische, beleidigende, menschenverachtende oder private Fragen gestellt werden.
Die Plattform bedient sich einer Mischfinanzierung. Zum einen bezieht sie ihre Mittel aus Spenden und Förderbeiträgen von Parlamentwatch.de, eigenen Förderkreisen, Online-Werbung und einer Projektkostenbeteiligung der Kandidaten. Der gemeinnützige Partner Bonventure GmbH stellt das nötige Risikokapital zur Verfügung.

Wer antwortet und wie wird geantwortet?
Betrachtet man das Antwortverhalten verschiedener Abgeordneter, sind deutliche Unterschiede sichtbar. Werden in einem Fall sehr detaillierte und ausführliche Antworten gegeben, verstecken sich andere Abgeordnete hinter standardisierten Formulierungen oder delegieren ihnen gestellte Fragen an Kollegen. Auch bei der „Unterschrift“ unterscheiden sie sich: in manchen Fällen wird der Name des Abgeordneten verwendet, in anderen unterschreibt das „Team“. In der Regel kann man davon ausgehen, dass die Abgeordneten ihre Antworten nicht selbst schreiben.
Die Bundeskanzlerin Angela Merkel benutzt abgeordnetenwatch.de gar nicht. Sie hat ihre eigene Plattform – direktzurkanzlerin.de.

Direkzu
Die direktzu GmbH wurde Ende 2006 von Studenten der FU-Berlin gegründet. Mittlerweile steht ein ca. 20-köpfiges Team hinter diesem Unternehmen. Es wird finanziell unterstützt von der Europäischen Union, der FU Berlin und der Fachhochschule Brandenburg. Es ist unklar, wie viel Geld die Firma selbst einnimmt und für ihre Angebote verlangt. Auf der Startseite der Homepage wird darum gebeten, nach den „speziellen Preismodellen für Politik und Zivilgesellschaft“ zu fragen.
Laut eigenen Angaben ist direktzu ein „Anbieter von softwaregestützten Lösungen, die durch moderne Many-to-One-Kommunikation für Effizienz und Relevanz im direkten Austausch zwischen großen Zielgruppen und exponierten Adressaten sorgen“. Es werden zwei Arten von Kommunikationssoftware angeboten: direktzu corporate (direktzu Intern), welches für Unternehmen gedacht ist und für eine effizientere Kommunikation zwischen Mitarbeitern und der Geschäftsführung sorgen soll, und direktzu politics (direktzu Extern), welches auf eine bessere Bürger- und Krisen-Kommunikation sowie auf Kundenfeedback-Plattformen zielt.
Direktzu politics wird vor allem von einzelnen Politikern verwendet. Bisher sind das Angela Merkel, Ilse Aigner, Dirk Niebel, Matthias Platzeck, Wolfgang Böhmer, Holger Rupprecht, Harald Wolf, Markus Lewe, Jürgen Nimptsch und Christian Ude. Die Präsenz von Norbert Lammert und Horst Seehofer wurde aufgrund von „geringer Nachfrage“ bzw. „auf Wunsch der bayerischen Staatskanzlei aus strategischen Gründen“ eingestellt.
Seit dem 22.09.2010 gibt es außerdem die Projektseite „dirketzustuttgart21.de“, auf welcher nicht mit einzelnen Politikern, sondern mit den Projektpartnern kommuniziert wird. Diese ist ein Beispiel für Krisen-Kommunikation.
Die direktzu-Softwares gibt es außerdem auf englisch (straightto) und wurde im letzten Wahlkampf auch in den USA verwendet.
Die Presse hat sich weitestgehend positiv über direktzu geäußert. So vielen Begriffe wie „Internet-Demokratie“, „digitale Volksnähe“ oder „Förderung der gesellschaftlichen Kommunikation“. Es gibt aber den Vorwurf, es handle sich bei der Seite nur um einen „Meckerbriefkasten“, der jedoch nichts bewirkt.

Dirketzurkanzlerin.de
Diese Seite wurde bereits im Oktober 2006 gegründet. Sie ist sehr einfach aufgebaut. Fragesteller können sich anmelden und einen Beitrag als Text, mit Ton oder Video schreiben. Anschließend wird über die Beiträge abgestimmt und die drei bestbewerteten werden einmal in der Woche zur Beantwortung ins Bundespresseamt geschickt. Die Antworten sind (vor allem im Vergleich zu einigen Beispielen auf abgeordnetenwatch.de) recht ausführlich und gehen konkret auf die Frage ein. Die Fragen und Antworten sind öffentlich einsehbar und können nach diversen Suchkriterien gefiltert werden.
Direktzurkanzlerin.de ist relativ erfolgreich und hatte in der ersten Woche bereits 30.000 Besuche.

Ein Blick nach Großbritannien: mysociety.org
Mysociety.org ist ein Beispiel für diverse e-democracy Projekte und besteht seit 2003. Auf der Homepage werden viele eigene Projekte vorgestellt, die für alle Bürger eine Verbesserung und Vereinfachung des täglichen Lebens anstreben.
Beispiele sind unter anderem die Homespages They Work For You, welche Informationen über Abgeordnete liefert,  und Fix My Street, auf der die Bürger Fotos von kaputten Straßen, Laternen etc. hochladen können und diese dann an lokale Verantwortliche weitergeleitet werden.

Write to Them
Write to Them folgt einem sehr einfachen Prinzip: Die Bürger geben ihre Postleitzahl ein und können dann sehen, welcher Repräsentant sie vertritt. Sie können dann eine Nachricht schreiben, die an diesen weitergeleitet wird. Somit soll ein persönlicher Kontakt zwischen Bürger und Repräsentant hergestellt werden. Die Fragen und Antworten werden nicht veröffentlicht.

Hear From Your MP
Bei Hear From Your MP können sich die Bürger mit Namen, E-Mail Adresse und Postleitzahl anmelden. Wenn sich genug Menschen in seinem Wahlbezirk anmelden, erhält der MP eine Nachricht mit der Information, wie viele Menschen sich für seine Arbeit interessieren. Lässt sich der MP darauf ein, erhält jeder angemeldete Bürger einen Newsletter vom MP zu dessen aktuellen Themen. Direkt in diesem Newsletter gibt es dann einen Link, sodass die Bürger darauf antworten können. Darauf baut sich dann eine Art blog-Prinzip auf: der MP schreibt ein Statement, die Abonnenten können es kommentieren und es kann ein Gespräch entstehen. Dieses Angebot wird von knapp 137.000 Briten genutzt.
Problematisch daran ist, dass sich viele MPs nicht beteiligen. Viele von ihnen weichen lieber auf E-Mails oder Twitter-Dienste aus.

Abgeordnetenwatch.de, direktzurkanzlerin und Write to Them – ein kurzer Vergleich
Es ist deutlich geworden, dass alle drei genannten Angebote eine bessere und einfachere Kommunikation zwischen Bürgern und Politikern herstellen wollen. Erstere sollen mehr partizipieren und letztere einen besseren Blick dafür bekommen, was die Bürger wirklich interessiert. Dennoch gibt es einige Unterschiede:
Abgeordnetenwatch.de versteht sich selbst als Plattform des „kollektiven Wählergedächtnis“. Entspricht eine Frage dem Moderationskodex, wird sie unmittelbar an den Abgeordneten weitergeleitet. Alle Frage und (Nicht-)Antworten werden dann veröffentlicht.
Bei direktzurkanzlerin sieht es schon anders aus. Es werden wöchentlich bloß drei Fragen ans Bundespresseamt weitergeleitet. Diese drei Fragen sind dann diejenigen, die die Mehrheit der Nutzer interessieren. Fragen mit kleineren Anliegen werden auf direktzurkanzlerin daher nicht beantwortet.
Write to Them folgt einem gänzlich anderem Prinzip als die beiden anderen Plattformen: Hier ist nicht das Ziel, eine große Datenbank mit Fragen und Antworten aufzubauen, sondern die gestellten Fragen werden gar nicht veröffentlicht. Write to Them fungiert mehr als Mittler zwischen Bürger und Repräsentant, indem es einen persönlichen E-Mail Kontakt herstellt.

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